Curacao mit Orange

 

Copyright © Steffen Gresch 2004

 

Nach dem Kino, im Cafe´, blicke ich in hereinkommende Gesichter: Kalte Schnauzen, aus dem Hier und Jetzt, versperren mir den Weg zu meinen süßesten Erinnerungen...

 

Was sollen sie auch an diesem Abend, die Trugbilder der Vergangenheit. Sie kommen immer wieder. Sie leben weiter, und sind ohne Leben.

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Ich sehe einen Zwanzigjährigen und sie ist neunzehn. - An seinem zwanzigsten Geburtstag...

 

Jene, von sommergrünen Auen umgebene Flusslandschaft, findet ihre Unterbrechung in dem niedlichen, von sich tummelndem Enten- und Schwanengefieder umgebenen Stausee.

 

Hier ruderten wir also an einem Julinachmittag, und sahen, bei strahlendblauem Himmel, der im Sonnenbrillenlicht orangegefärbten Sonne, einer zwielichtigen Zukunft entgegen.

 

Was hatte er zu bedeuten, dieser Tag? - Nie sollte es noch einmal so sein, und dennoch mussten wir ihn hinter uns bringen,  - wie eine Blüte, die ihre Blätter lassen muss, damit sie zur Frucht heranreifen möge...

 

Ihr offenes, sanft gelocktes, mit blonden Strähnen versehenes, kastanienbraunes Haar, fiel auf die Ruderbank am Bug, während sie vor mir in der Mitte saß; den Rücken nach hinten gelegt, entspannt auf dem Boden des Bootes, von ihren halb kindlich, halb früh erwachsenen Händen abgestützt.

 

“So werden wir nie weiterkommen”, sagte sie, “und ich will es ja auch gar nicht, im Moment. Die Zeit bleibt stehen, ich kann sie berühren, genießen.” - Ich ruderte große Schleifen, da ich spürte, dass ich so diesen Zustand lange anhalten konnte...

 

Abends hatten wir Sex, und ich schlief ein, nachdem ich früher als sonst gekommen war...

Sie schien sauer am nächsten Morgen, und wir beschlossen, uns zu trennen, gingen unserer Wege; sie den ihrigen, und ich den meinen.

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Wieder in der Stadt, rief sie nach drei Tagen an; ihr Tagebuch läge noch bei mir; heute Abend, um Neun, würde sie kommen, es holen.

 

Sie brachte Champus, und wir vermischten ihn zum Abschied mit meinem kaltgestellten weißen Martini, in dieser glasklaren, erotischen Nacht…

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Ein gerade verklungener, spätsiebziger Blondie-Hit geistert mir noch im Kopf herum, als er abgelöst wird durch groovige, basslastige Funkedelic-Beats. - Die Membranen dehnen sich, ich vibriere mit ihnen. - Die kalten Schnauzen sind gegangen. Die Bedienung, ihr rabenschwarzes Haar ist, ganz girliemäßig, nach hinten zusammengebunden, nimmt die letzte Bestellung an.

 

Das rabenschwarze Girlie bringt mir einen himmelblauen Curacao. Die halbe Orangenschale, wie üblich am Glasrand aufgesteckt, leuchtet mir im abgedunkelten Cafe´-Licht wie ein Blitz ins Augeninnere.

 

Doch das spielt keine Rolle mehr, denn meine damalige Sonnenbrille habe ich nicht dabei, und die längst verklärte Auenlandschaft schon ewig nicht mehr gesehen...

 

Und sie?

Irgendwo am Weiher sitzt sie da, umringt von schnatternden Enten und dem Gesang sterbender Schwäne.

Ihre Tränen fließen über Flüsse und Ströme, ins offene Meer…

 

Ich denke an den Film, den ich im Kino gesehen habe,

und fühle mich Woody Allen sehr verbunden.

 

März 2004

 

(songtext.)

am horizont

 

Copyright © Steffen Gresch

am horizont geht die sonne auf/

sie weiss den weg, den ich will/

der mond nimmt seine bahn , seinen lauf/hey,hey/

weist mir den weg aus der dunkelheit/

gibt mir die kraft und den mut/

am horizont geht die sonne auf/hey, hey/

konnt nicht mehr essen, nicht mehr schlafen in der nacht  /alles, alles schien umsonst/

fast hätte die dunkelheit meine seele umgebracht/

wusst ich nicht, dass du kommst/

am horizont geht die sonne auf/

ich spür wie noch nie ihre glut/

der mond nimmt seine bahn, seinen lauf/hey,hey/

im sommerwind löst sich alles auf/

was wiegt im winter so schwer/

am horizont geht die sonne auf/hey,hey/

dachte schon, mich umgibt für  `ne ewigkeit die nacht/

alles, alles schien umsonst/

fast hätte die dunkelheit meine seele umgebracht/

wusst ich nicht, dass du kommst/

am horizont geht die sonne auf /

sie scheint jeden tag/

der mond nimmt seine bahn, seinen lauf/hey, hey/

 

Herbst 1995


 

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